Hartz IV oder: Die Würde des Menschen ist unantastbar?

Am 12. März startete unser DiB-Parteimitglied Sandra eine Petition, die auf unglaubliche Resonanz und große mediale Aufmerksamkeit gestoßen ist (u.a. Stern TV, FAZ, taz, Bild.de, N-TV, bento, Welt.de). Über 160.000 Unterschriften hat Sandra seitdem gesammelt. Worum es bei der Petition geht? Um Hartz IV. Darum, dass Hartz IV tatsächlich Armut bedeutet. Und dass unser neuer Gesundheitsminister Jens Spahn selber nur mal einen Monat von Hartz IV leben soll.

Denn Spahn hatte sich in die Diskussion um die Essener Tafel eingeschaltet mit den Worten, Hartz IV wäre nicht Armut. Und mit Hartz IV hätte „jeder das, was er zum Leben braucht“.

Seitdem wird viel gerechnet und diskutiert. Ob das Geld wirklich zum Leben reicht? Ob Familien und Alleinerziehende proportional stärker gefördert werden sollten? Und welche Rolle spielen die Sanktionen bei „Verstößen“?

DEMOKRATIE IN BEWEGUNG hat hier klare Positionen: Wir möchten Familien und insbesondere Alleinerziehende stärker fördern. Wir sind für die Abschaffung von Hartz IV-Sanktionen. Vor allem aber sind wir langfristig für das Bedingungslose Grundeinkommen und haben eine Einkommensteuerreform in unserem Parteiprogramm, die jedem Nicht-, Gering- oder Mittelverdiener*innen schon jetzt die dringend benötigte finanzielle Unterstützung verschaffen könnte.

Das für mich wichtige Wort beim Bedingungslosen Grundeinkommen ist: bedingungslos. Denn Hartz IV – Empfänger*innen wird derzeit etwas genommen, das jeder Mensch zu einem guten und zufriedenen Leben benötigt, nämlich: Würde.

Jede*r, der schon einmal selber auf Leistungen vom Jobcenter angewiesen war oder jemanden unterstützend dorthin begleitet hat, wird verstehen, wovon ich rede. Selbst der oder die engagierteste Mitarbeiter*in kann nur abmildern, was die formellen Vorgaben fordern. Regelmäßige Besuche, die einem die Position als Bittsteller*in immer wieder vor Augen führen, ohne dabei hilfreich zu sein. Oftmals werden  Zeitverträge, Ein-Euro-Jobs und anderweitig prekäre Anstellungen angeboten, die der mitunter hochqualifizierten Ausbildung des Antragstellers nicht ansatzweise gerecht werden. Angeblich soll dies den Wiedereinstieg in reguläre Arbeitsverhältnisse erleichtern, aber dieser Wunsch ist – wie wir mittlerweile wissen – im besten Falle eben nur das: ein Wunsch. In der Realität wird dann ohne die Sicherheit eines Arbeitsvertrages, ohne bezahlten Urlaub oder Krankheit, ohne Ansprüche in der Sozialversicherung zu erwirken, “gemeinnützig” gearbeitet. Und da eine Ablehnung solcher Jobs zu Kürzungen des Hartz IV-Satzes führt, haben wir in den letzten Jahren eine moderne Form der Lohnsklaverei geschaffen.

Apropos: Kann es verfassungsgemäß sein, das Existenzminimum zu kürzen? Klare Antwort: NEIN.

Und wen das noch nicht überzeugt hat, dass Hartz IV die Verletzung der verfassungsgemäß garantierten Menschenwürde (Art. 1 GG) bedeutet, der möge sich ansehen, wie die Freizügigkeit von Hartz IV-Empfänger*innen eingeschränkt wird. Jede Ortsabwesenheit muss gemeldet und bewilligt werden, insgesamt stehen hierfür nur 21 Kalendertage, also drei volle Wochen, zur Verfügung. Übrigens gibt es nur drei Gründe, aufgrund derer das Jobcenter der Abwesenheit zustimmen muss: Krankheit, Teilnahme an einer Veranstaltung mit öffentlichem Interesse oder ehrenamtliche Tätigkeit. Menschliche Grundbedürfnisse wie Freunde treffen oder die Familie besuchen gelten schon als Sanktionsgrund. Von kleinen Urlaubsreisen – auch nur in die nähere Umgebung – ganz zu schweigen.

Übrigens wird die Würde des Menschen auch durch den Vorschlag des Berliner Oberbürgermeisters Michael Müller (SPD) verletzt, Hartz IV-Empfänger*innen auf Mindestlohnbasis kommunal anzustellen in Berufen wie Schulhausmeister*in, Schulsekretär*in oder in der Kinderbetreuung. Zum einen würden die Betroffenen für gute und wichtige Arbeit ungerecht entlohnt werden. Zum anderen ist es eine himmelschreiende Unverschämtheit, gerade die wichtigen Care-Berufe nicht endlich angemessen zu entlohnen, sondern das Problem des Fachkräftemangels durch die gerade in Berlin beliebte Wischiwaschi-Lösung des unterbezahlten Quereinsteigers zu lösen.

Es sind diese Momente, in denen sowohl CDU als auch SPD, beide nun für weitere vier Jahre mit der Gestaltung und Verwaltung unseres Lebens betraut, es schaffen, sich gegenseitig in Ignoranz, Respektlosigkeit und Wegducken zu übertreffen, die DiB so wichtig für mich machen.

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